Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Henriette Reker,
sehr geehrte Mitglieder des Stadtrates der Stadt Köln,
liebe Mitbürger:innen der Stadt Köln,

Köln ist eine lebenswerte Stadt mit einer starken Zivilgesellschaft, einer offenen Diskussionskultur und einer aktiven Stadtentwicklungspolitik.

Es ist ein erklärtes Ziel der Stadt Köln, bis 2035 klimaneutral zu werden. Weichen in Richtung Nachhaltigkeit sind gestellt und im Strategiepapier »Köln Klimaneutral 2035« beschrieben. Diese Ziele finden wir richtig und notwendig. Das Handlungsfeld 1 »Gebäude und Quartiere werden klimaneutral« adressiert explizit die Klimaneutralität der Bestandssanierung als Schwerpunkt. Diese bauliche Transformation ist eine weitreichende Aufgabe, mit der sowohl die Politik als auch die Stadtgesellschaft konfrontiert sind und die nur gemeinsam umgesetzt werden kann. Dabei ist das Weiterbauen des baulichen Bestands innerhalb der zwei Jahrtausende umfassenden Stadtgeschichte Kölns schon lange Praxis. Zeugnisse dieser gelebten Baukultur bilden sich im Stadtbild ab – aber nach wie vor überwiegen Abriss und Neubau.

Wir als fachkundige Initiative der Stadtgesellschaft wundern uns über das Schicksal vieler Gebäude der öffentlichen Hand und zahlreicher weiterer Bauten. So sind die Diskussionen um den Abbruch des Justizzentrums, des Campus Deutz der TH Köln, vieler städtischer Schulen und der erwogene Abbruch der Kölner Zentralbibliothek nicht mit den Zielen der Klimaneutralität und den Leitbildern der Stadtentwicklung vereinbar. Die in den Bestandsgebäuden materialisierte graue Energie muss bei Abwägungsprozessen priorisiert berücksichtigt werden. Der Neubau kann und soll, wenn wir die gesteckten Ziele ernst nehmen, nur eine Ausnahme sein.

Der Wert einer zukunftsfähigen Stadt wird vor allem aus dem qualitätsvollen und nachhaltigen Umgang mit ihrem Gebäudebestand resultieren. Hier treffen die Potentiale der Baukultur, Ressourcenschonung, der Minderung von Treibhausgasen, qualitätsvolle öffentliche Räume und Lebensqualität aufeinander. Gerade die baukulturellen Errungenschaften der Nachkriegsmoderne, die das Stadtbild prägen und in hohem Maße für bauliche Transformationen geeignet sind, werden eher als Ballast und nicht als Chance und Ressource verstanden. Dabei könnte ein offener Dialog zwischen Stadtgesellschaft, engagierten Akteuren, der Stadtpolitik sowie der Verwaltung über einen nachhaltigen Umgang gerade mit diesen Bauten eine dringend benötigte Beschleunigung der Transformationsprozesse ermöglichen.

Köln als Millionenstadt, in einer von Wandlungsprozessen geprägten Region, muss den Anspruch haben, ein Vorbild für eine koproduktive, auf Teilhabe und Mitwirkung ausgerichtete, nachhaltige Entwicklung von Stadt, Region und Gesellschaft sein. Daher fordern wir:

• den Bestand als Ressource für eine lebenswerte Stadt zu entdecken, zu nutzen und weiterzudenken.

• den Diskurs mit der Stadtgesellschaft zu forcieren, um gemeinschaftlich und auf Augenhöhe die dringend notwendigen Transformationen anzugehen.

• die erklärten Ziele der Klimaneutralität und den Weg zu einer zukunftsfähigen Stadt Köln aktiv zu fördern.

• die Gemeinwohlorientierung ernst zu nehmen und die Vorbildfunktion der Stadt Köln für eine nachhaltige Entwicklung der gesamten Region aktiv zu gestalten und zu leben.

Packen wir es zusammen an – wir freuen uns auf einen Austausch mit Ihnen!

Mit freundlichen Grüßen und bis bald,

Köln, August 2023

Viele Personen und Organisationen haben unseren offenen Brief schon unterzeichnet. Sie wollen auch? Schreiben Sie uns!
unterschriften@initiative-umbau.org

unter Nennung Titel, Name, Institution/ Bezeichnung, Ort